Oberprausnitz

Oberprausnitz – Horni Brusnice

Oberprausnitz liegt etwa 100 km nordöstlich von Prag. Es ist ein typisches Reihendorf, am nördlichen Fuße des Switschin-Berges gelegen. Die Häuser stehen zu beiden Seiten der Straße, zum Teil umittelbar, und aber teilweise auch etwas abseits. Es waren einst größere und kleinere bäuerliche Anwesen, und dazwischen die oftmals im Gebirgsstil mit viel Holz erbauten Häuser („Streifenhäuser“) der Handwerker und Textilarbeiter. Neben der Straße schlängelt sich der Prausnitzer Bach, der im Oberdorf entspringt und hinter Niederprausnitz in die Elbe fließt. In der Mitte des Dorfes steht die Kirche St. Nikolaus, sie war früher der Mittelpunkt des Kirchensprengels, zu dem auch die Gemeinden Kleinborowitz, Mastig, Anseith, Switschin und ab 1938 auch Niederprausnitz gehörten.

Oberprausnitz heute

Horni Brusnice ist eine eigenständige Gemeinde im Bezirk Trutnov gelegen, die Region heißt Královéhradecký kraj. Das Dorf liegt elf Kilometer nordwestlich von Dvůr Králové nad Labem und gehört zum Okres Trutnov. Zum Jahresanfang 2021 lebten in Horni Brusnice 436 Einwohner*innen. Die ehemalige Gemeinde Switschin (heute Zvicina) gehört heute zu Oberprausnitz, ist jedoch kein eigenständiger Ortsteil.

Sanierung Kirchweg 2017/2018:

Ehemaliges Pfarrhaus mit Info-Tafel. Foto: Petr, 2021.

In Oberprausnitz wurde dank vieler Zeit-, Material- und Geldspenden ein touristischer Spazierweg, der „Kirchweg“ hergerichtet, der die Oberprausnitzer Kirche St. Nikolaus mit der Jan-Nepomuk-Kapelle auf dem Switschin verbindet. Der Weg führt am historischen Standort einer kleinen Kapelle vorbei, die im Zuge dieses Projekts mit viel Liebe wieder neu aufgebaut wurde. Hierfür verwendete man einen Türsturz aus dem ehemaligen Anwesen 76 (Familie Gall). Das Innere der Kapelle ziert eine Mutter-Gottes-Statue, die eigens hierfür gestaltet wurde. Begleitend zur Erneuerung des Kirchwegs wurden zahlreiche Informationstafeln zur Geschichte Oberprausnitz aufgestellt, eine widmet sich beispielsweise dem Bildhauer Johann Kuhn. Link zur: Projekt-Dokumentation (pdf-Datei).

Ortsgeschichte

Link zum: Lageplan der Häuser von 1945, (pdf-Datei, aus der Erinnerung gezeichnet.

Die beiden Gemeinden Ober- und Niederprausnitz bildeten ursprünglich eine Ortschaft. Die Entstehung fällt in die Zeit vor der deutschen Landnahme, etwa zwischen  1100 und 1200. 1358 wird es erstmals als „Brusnicz“ erwähnt. Seit den ältesten Zeiten gehörte Prausnitz zu Miletin. 1560 erwirbt Georg von Waldstein auf Arnau das Gut Miletin, 1596 wird sein Sohn Heinrich Besitzer der Dörfer Kottwitz, Öls und Prausnitz. In jener Zeit fällt die Teilung des Dorfes in Ober- und Niederprausnitz. Oberprausnitz gehört bis 1848 zur Herrschaft Arnau-Neuschloß.

Nach dem Miletiner Urbar von 1561 hatte das ganze Dorf Prausnitz 40 Bauern und 16 Gärtler. Im 30jährigen Kriege hatte die Bevölkerung durch die Schweden und Kaiserlichen viel zu leiden. 1639 musste von beiden Dörfern geliefert werden oder wurde weggenommen: über 1500 fl an Geld, alles Getreide, 64 Pferde, 124 Rinder, 58 Kälber, 107 Schafe. Die Kaiserlichen haben alles Getreide ausgedroschen und alle anderen Sachen weggenommen. Die folgenden Kriegsjahre werden nicht besser gewesen sein. 1654 hat Oberprausnitz 28 Bauern, 9 Kalupner (Großgärtner) und 20 Feldgärtner sowie 4 wüste  Bauerngüter. Von 793 Scheffeln Acker sind nur 453 mit Winter- und Sommergetreide bebaut, 340 Scheffel der Felder liegen brach.

Seit 1561 hatte die Bedrückung der Untertanen durch die Grundherren immer mehr zugenommen. 1777 war sie auf das Höchstmaß angestiegen und hatte 1775 zu den Bauernaufständen geführt. Die Untertänigkeit mit der Robot wurde erst 1848 aufgehoben und die Grundablösung durchgeführt.

Nach 1648 fand die Leinenweberei auf Handstühlen überall Eingang. Hundert Jahre später bildete sie sich zur Hausindustrie aus und verschaffte den Gärtlern und Häuslern einen kargen Verdienst. Auch in den Bauernhäusern wurde über den Winter gesponnen und gewebt. Erst die Einführung der Baumwolle und der mechanischen Webstühle bereitete diesem einzigen Erwerbszweig neben der Landwirtschaft ein allmähliches Ende.

Die schlesischen Kriege gingen an Oberprausnitz nicht vorbei, ohne der Bevölkerung schwere Schäden an Hab und Gut zuzufügen. Im Jahre 1866 lagerte seit dem 27. Juni hier die Brigade Fleischhacker, die am 29. Juni abzog. Am 30. Juni rückten die Preußen ein und am 3. Juli zogen sie gegen Switschin weiter. Fünf Wochen dauerten die Drangsale. Die Einwohner hatten sich in die nahen Wälder geflüchtet, viele wurden eingefangen und mussten mit ihren Fuhrwerken viele Wochen Dienst tun.

Es folgte die friedliche Zeit bis 1914. In den beiden Weltkriegen mussten schwere Blutopfer gebracht werden, bis die Vertrebung das Leben der deutschen Bewohner in der Heimat auslöschte.

Bevölkerung:

1790: ca. 1000 Einwohner*innen, 145 Häuser
1835: 1500 Einwohner:innen, 236 Häuser
1910: 1310 Einwohner:innen, 245 Häuser
1939: 1240 Einwohner:innen
Berufsgruppen: 60 % Landwirtschaft, 24 % Fabrikarbeiter, 10 % Handel und Gewerbe, 6 % andere Berufe. Der Großteil der Arbeiterschaft fand Beschäftigung in der mechanischen Buntweberei, Färberei und Appretur der Firma Pech.
2021: 436 Einwohner*innen

Pfarrkirche St. Nikolaus:

Kirche St. Nikolaus. Foto: Fritz, 2014

Die Kirche wird 1358 erstmals urkundlich erwähnt und war nach der damaligen Bauweise aus Holz errichtet. 1582 ließ Georg von Waldstein in der oberen Mitte des alten Friedhofes eine steinerne Kirche erbauen, wozu 1620 noch der Turm kam. Wegen Baufälligkeit wurde die Kriche 1828 gesperrt, der Turm und die Wölbung abgetragen, letztere durch eine Bretterdecke ersetzt. Dem Gottesdienst dienten 2 Notaltäre und statt der Bänke wurden an den Seite Notsitze errichtet. Von 1828-29 wurde der Gottesdienst auch in der alten Friedhofskapelle abgehalten. Die große und Mittelglocke stammen aus den Jahren 1771 und 1796, die kleine Glocke trägt keine Jahreszahl. Die Glocken wurden später in der neuen Kirche wieder aufgehängt.
Der Grundstein zur neuen Kirche wurde am 14. Juli 1840 feierlich eingeweiht. Am 30.10.1844 wurden Turmkopf und Kreuz aufgesetzt und am 4.10.1846 die neue Kirche feierlich eingeweiht. Nach dem ersten Weltkriege wurde das schadhafte Schindeldach abgerissen und durch eine Biberschwanzbedachung ersetzt. Zum Kirchensprengel gehörten neben Oberprausnitz die Gemeinden Anseith, Kleinborowitz, Mastig und Switschin. Die Pfarrkirche ist dem heiligen Nikolaus geweiht.

Der Pfarrer Dr. Franz Xaver Kuhn (pdf-Datei), ein Ortskind, war in der Bevölkerung sehr beliebt. Er war Pfarrer, bischöflicher Notar und zudem ein herausragender Chronist und Heimatforscher. Er starb am 29. Juli 1932 und wurde nur 44 Jahre alt. Seine Grabstelle an der Südmauer des Friedhofes wurde 1998 renoviert.

Heute finden in der Kirche neben Gottesdiensten auch Konzerte statt.

Mühlen und Handwerk:

Eines der ältesten Handwerke ist die Müllerei. Mühlen gab es, solange es Bauern gibt. sie standen immer am Borowitz-Mastiger Bach. Früher bestand in Oberprausnitz eine Windmühle und an Stelle der Fabrik Pech eine Ölmühle. 1759 waren auf dem Gemeindegebiete mit Mastig und Anseith 4 Mahlmühlen. Die herrschaftliche „Borgmühle“, auch Burghöfel gehörte einst zu Oberprausnitz, wurde 1897 durch das Hochwasser zerstört. Um 1645 werden als Müller von Prausnitz genannt Georg Flegel und Paul Steffan (Staffa), 1759 sind es Josef Kohlmann, Hans Georg Schinkmann, Johann Christoph Kohlmann und Hans Georg Staffa. Ferner werden zur selben Zeit erwähnt der Schänker und Schmied Franz Ruß, Ignatz Ruß, Bäcker, Johann Endt, Fleischer und Christian Wanka als Bäcker.

Als erster Buntwarenerzeuger erscheint Josef Pech. Die Firma wurde 1878 gegründet und vergrößerte sich nach und nach zu einem gut fundierten Unternehmen. 1906 ging es an den Sohn Karl über, der 1909 eine Weberei erbaute und sie 1913 erweiterte. Es wurden Futterstoffe, Hemdstoffe, Unterkleider, Tücher und Decken hergestellt. Weiter befassten sich mit der Ereugung von Webwaren die Faktoren Stefan, Gustav und Hieronymus Kuhn und Friedrich Wanka. Die Heimatkunde nennt ferner die Weingroßhandlung des Fritz Wanka und eine Bau- und Maschinenschlosserei des Josef Wanka.

Siehe auch: Mühlen-Seite (interner Link)